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Alles über das neue Fahreignungsseminar

Dienstag, 17. September 2013 8:19

Das Gezerre war riesig um Ramsauers Punktereform. Bundestag, Bundesrat, Vermittlungsausschuss, dann erneut durch Bundestag und -rat. Doch jetzt ist es da und wir wollen nachfolgend die wichtigsten Fakten und Regelungen zum neuen Fahreignungsseminar zusammenstellen.

  1. Das Fahreignungs-Bewertungssystem
  2. Auflistung und Bewertung aller Verstöße
  3. Die Tilgungsfristen und -regelungen
  4. Überführung der „alten“ Punkte
  5. Das Fahreignungsseminar: Aufbau, Ablauf und Ausrichtung
  6. Die Seminarerlaubnis „Verkehrspädagogik“
  7. Seminarerlaubnis: Übergangsfristen, Umschulung und Fortbildung
  8. Die Marktchancen für Fahrschulen und was jetzt zu tun ist

1. Das Fahreignungs-Bewertungssystem

ist eine Maßnahme des Gesetzgebers zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen. Ziel ist, die Verkehrssicherheit zu verbessern. Mit der Reform werden neue Begrifflichkeiten eingeführt, so wird aus Verkehrszentralregister das Fahreignungsregister, aus Mehrfachtäter-Punktesystem wird Fahreignungs-Bewertungssystem. Im neuen System kann man bis zu 8 Punkte sammeln, dann wird die Fahrerlaubnis entzogen (früher 18 Punkte). Dabei kennt das Fahreignungs-Bewertungssystem folgende Maßnahmen:dvpi_uhr

Vormerkung bei einem Punktestand von 1 – 3 Punkten

Die Vormerkung stellt noch keine Maßnahmestufe dar, sie ist ein sanktionsloser Warnschuss. Es erfolgt keine Mitteilung an den Fahrerlaubnisinhaber

Ermahnung bei einem Punktestand von 4 – 5 Punkten

Beim Erreichen eines dieser Punktestände erfolgt eine schriftliche Ermahnung seitens der Behörde. Zur Verbesserung des Verkehrsverhaltens kann ein Fahreignungsseminar freiwillig besucht werden. Wird der zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vorgelegt, wird bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen.

Verwarnung bei einem Punktestand von 6 – 7 Punkten

Es erfolgt eine schriftliche Verwarnung mit dem Hinweis, ein freiwilliges Fahreignungsseminar zu besuchen. Einen Punkterabatt gibt es hierfür nicht.

Entzug bei einem Punktestand von 8 Punkten oder mehr

Der Fahrerlaubnisinhaber gilt als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.

2. Auflistung und Bewertung aller Verstöße

Die Verstöße gegen die Verkehrsvorschriften werden mit einem, zwei oder drei Punkten bewertet:

Drei Punkte
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis oder eine Sperre angeordnet worden ist.

Zwei Punkte
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern keine Entziehung oder Sperre angeordnet worden ist, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten

Einen Punkt
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten

Eine genaue Auflistung aller relevanten Verstöße, werden Sie in Kürze der Anlage 13 zu § 40 der Fahrerlaubnis-Verordnung entnehmen können. Wir warten derzeit noch auf die 9. ÄndVO der FeV.

3. Die Tilgungsfristen und -regelungen

Die Tilgungsfristen betragen zwei Jahre und sechs Monate, fünf Jahre bzw. zehn Jahre wie folgt:

Zwei Jahre und sechs Monate
bei verkehrssicherheitsbeeinträchtigenden oder gleichgestellten Ordnungswidrigkeiten (1-Punkt-Verstöße)

Fünf Jahre
bei Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern keine Entziehung oder Sperre angeordnet worden ist, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten (2-Punkt-Verstöße)

Zehn Jahre
bei Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis oder eine Sperre angeordnet worden ist (3-Punkt-Verstöße)

Die früher geltenden Regelugen der Tilgungshemmung (ein neuer Verstoß innerhalb der Tilgungsfrist hemmt deren Tilgung) entfallen.

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4. Überführung der „alten“ Punkte

Die im Verkehrszentralregister gespeicherten Punkte werden zum Stichtag nach nebenstehender Matrix in das neue Fahreignungsregister überführt.

5. Das Fahreignungsseminar: Aufbau, Ablauf und Ausrichtung

Das Fahreignungsseminar besteht aus einer verkehrspädagogischen (Fahrlehrer, Inhaber der Seminarerlaubnis Verkehrspädagogik) und einer verkehrspsychologischen (Verkehrspsychologe, Inhaber der Seminarerlaubnis Verkehrspsychologie) Teilmaßnahme. Die Teilmaßnahmen müssen durch gegenseitige Information der jeweiligen Seminarleiter abgestimmt werden und aufeinander folgend durchgeführt werden (Zeitabstand eine Woche).dvpi_uhr5

Ziel der verkehrspädagogischen Teilmaßnahme ist die Vermittlung von Kenntnissen zum Risikoverhalten, die Verbesserung der Gefahrenkognition, die Anregung zur Selbstreflektion und die Entwicklung von Verhaltensalternativen. Sie umfasst zwei Module à 90 Minuten, umfasst verbindlich vorgeschriebene Bausteine und richtet sich nach Anlage 16 der FeV. Der zeitliche Abstand der Module beträgt mindestens eine Woche. Die verkehrspädagogische Teilmaßnahme kann als Einzelmaßnahme oder in Gruppen von bis zu sechs Teilnehmern durchgeführt werden.

Ziel der verkehrspsychologischen Einzelmaßnahme ist, dem Teilnehmer Zusammenhänge zwischen auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen des regelwidrigen Verhaltens aufzuzeigen. Sie soll beim Teilnehmer Reflektionsbereitschaft erzeugen und Veränderungsbereitschaft schaffen. Sie umfasst zwei Sitzungen à 75 Minuten (Mindestabstand eine Woche) und ist als Einzelmaßnahme durchzuführen.

Die Durchführung der Teilmaßnahme unterliegt der Überwachung und Qualitätssicherung nach § 43 der FeV. Des Weiteren wird das Fahreignungsseminar durch die Bundesanstalt für Straßenwesen fünf Jahre wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Die Evaluierung hat insbesondere zu untersuchen, ob das Fahreignungsseminar eine verhaltensverbessernde Wirkung im Hinblick auf die Verkehrssicherheit hat.

6. Die Seminarerlaubnis „Verkehrspädagogik“

Voraussetzung für die Durchführung der verkehrspädagogischen Teilmaßnahme ist die Seminarerlaubnis Verkehrspädagogik. Sie wird auf Antrag erteilt, wenn der Fahrlehrer

  1. mindestens die Fahrlehrerlaubnis der Klassen A und BE besitzt,
  2. innerhalb der letzten fünf Jahre drei Jahre lang Fahrschülern hauptberuflich theoretischen und praktischen
    Unterricht erteilt hat,
  3. im Fahreignungsregister mit nicht mehr als zwei Punkten belastet ist und
  4. innerhalb der letzten zwei Jahre erfolgreich an einem Einweisungslehrgang teilgenommen hat, der
    a) einen viertägigen verkehrspädagogischen Grundkurs,
    b) einen viertägigen Kurs zur inhaltlichen Gestaltung der verkehrspädagogischen Teilmaßnahme des Fahreignungsseminars,
    c) die Hospitation einer vollständigen verkehrspädagogischen Teilmaßnahme des Fahreignungsseminars
    und
    d) eine eigenständige, durch den Lehrgangsleiter beaufsichtigte Durchführung einer vollständigen verkehrspädagogischen
    Teilmaßnahme des Fahreignungsseminars
    umfasst.

Von der Seminarerlaubnis Verkehrspädagogik darf nur zusammen mit der Fahrschulerlaubnis oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule Gebrauch gemacht werden. Der Inhaber oder der verantwortliche Leiter der Fahrschule muss ebenfalls die Seminarerlaubnis Verkehrspädagogik besitzen.

7. Seminarerlaubnisse: Übergangsfristen, Umschulung und Fortbildung

button_fes_upgrade3Übergangsfristen und Upgrade
„Alte“ Seminarerlaubnisse, die bis zum 29. August 2013 erteilt worden sind, berechtigen noch bis zum 30. April 2016 zur Durchführung der verkehrspädagogischen Teilmaßnahme des Fahreignungsseminars, wenn der Inhaber der Seminarerlaubnis vor der Durchführung des Fahreignungsseminars an einem mindestens dreitägigen Fortbildungslehrgang („Upgrade-Lehrgang“) über die Inhalte des Fahreignungsseminars teilgenommen hat. Inhaber einer „alten“ Seminarerlaubnis, die den „Upgrade-Lehrgang“ absolviert haben, erfüllen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Seminarerlaubnis Verkehrspädagogik. DVPi wird diesen Upgrade Lehrgang für Inhaber einer „alten Seminarerlaubnis“ in Kürze anbieten.

button_fes_upgrade2Fortbildung
Inhaber einer Seminarerlaubnis Verkehrspädagogik als auch „umgeschulte“ Inhaber der Seminarerlaubnis nach § 31 (1) FahrlG (Seminarerlaubnis „alt“), haben jährlich an einer eintägigen Fortbildung von mindestens acht Unterrichtseinheiten zu je 45 Minuten teilzunehmen, in der Inhalte und Methoden der jeweiligen Seminardurchführung vermittelt werden. Diese eintägigen Fahrlehrerfortbildungen entsprechen exakt der Ausrichtung und der Idee der themenspezifischen Fahrlehrerfortbildungen. DVPi wird diese Fortbildungen „Seminarerlaubnis Verkehrspädagogik“ ab Herbst 2014 anbieten.

8. Die Marktchancen für Fahrschulen und was jetzt zu tun ist

Zahlenspiel
Die Bundesregierung führt im Zusammenhang mit der Punktereform folgende Zahlen an: Derzeit gibt es im Verkehrszentralregister 11,7 Mio. Eintragungen. Auf der Maßnahmenstufe 1 (Ermahnung) sind derzeit ca. 200.000 Fahrerlaubnisinhaber registriert. In der Vergangenheit haben ca. 15.500 Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Aufbauseminar teilgenommen, das entspricht einer Quote von 7,75 %. Adaptiert man diese Zahlen auf das neue Fahreignungsseminar, so ist davon auszugehen, dass etwa 19.685 Fahrerlaubnisinhaber pro Jahr ein Fahreignungsseminar absolvieren werden. Bei einer angenommenen Gebühr von € 250,- für die verkehrspädagogische Teilmaßnahme, ergibt das einen Umsatz von ca. 5 Mio. € für Fahrschulen.

Marktchancen
Auf Grund der deutlich gestiegenen Anforderungen für die Grundeinweisung Seminarerlaubnis Verkehrspädagogik, ist davon auszugehen, dass die Zahl der Seminarleiter in Zukunft sinken wird. Für Fahrschulen, die Ihren Kunden „alles aus einer Hand“ anbieten werden, stehen die Chancen auf ein Zusatzgeschäft nicht schlecht. Schließlich müssen in Deutschland pro Jahr etwa 3.500 Fahreignungsseminare angeboten werden.

Fristen für Umschulung
Es wird sehr wichtig sein, die Frist für den „Upgrade-Lehrgang“ nicht zu verschlafen. Alte Inhaber einer Seminarerlaubnis haben dafür Zeit, bis zum 30. April 2016, danach ist die Seminarerlaubnis ASP faktisch nichts mehr Wert. Das alte Aufbauseminar gibt es dann nicht mehr, nach dem 30. April 2016 kann nicht mehr umgeschult werden. DVPi wird das Upgrade anbieten, bitte teilen Sie uns hier mit, dass wir Sie für den Lehrgang vormerken dürfen.

Punkteabbau noch vorher?
Das neue Fahreignungsseminar gilt ab 01.05.2014. Nach heutigem Recht können Inhaber einer Fahrerlaubnis bei freiwilliger Teilnahme an einem Aufbauseminar bis zu vier Punkte abbauen. Der Rabatt ist damit doppelt so groß, wie nach dem neuen Fahreignungsseminar. Fahrschulen sollten derzeit mit diesem Umstand aktiv Marketing betreiben.

Ausblick
Derzeit steht noch die 9. ÄndVO der FeV aus, erst dann lässt sich detailliert über Durchführung, Ausgestaltung, Upgrade & Co. berichten. DVPi bleibt für Sie am Ball und wird Sie umgehend informieren. Wollen Sie keinen Expertentipp mehr verpassen? Abonnieren Sie kostenfrei unseren Expertentipp.

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